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Vermögensrechtliche Nachteile durch Änderungen im Erbschafts-und Schenkungssteuergesetz.

Seit dem 01.01.2021 gelten verschärfte steuerliche Regelungen für das Vererben von Vermögen unter Eheleuten!

 

Ehegatten die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, hatten bisher den Vorteil, dass vererbtes Vermögen bei dem überlebenden Ehegatten erst nach Abzug des persönlichen Freibetrags, der Versorgungsfreibeträge und des sogenannten fiktiven Zugewinnausgleichs erbschaftssteuerpflichtig war.

 

Durch die gesetzlichen Änderungen wird Einfluss auf die Höhe der steuerfreien Zugewinnausgleichsforderung genommen. § 5 Abs. 1 ErbStG gewährt im Falle des Todes eines Ehegatten dem überlebenden Ehegatten eine Erbschaftssteuerbefreiung in Höhe der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung, die grundsätzlich nach bürgerlich-rechtlichen Maßstäben berechnet wurde.

 

Diese Form der Zugewinnausgleichsberechnung führte oftmals dazu, dass nicht unerhebliche Beträge, die weit über die persönlichen Freibeträge von Ehegatten hinausgingen, zusätzlich, steuerfrei im Todesfall übertragen werden konnten.

 

Die erbschaftssteuerliche Begünstigung hat nunmehr starke Einschränkungen erfahren.

 

Der Gesetzgeber hat unter § 5 Absatz 1 Satz 6 ErbStG eine Regelung eingefügt, durch die im Ergebnis die abzugsfähige fiktive Ausgleichsforderung gemindert wird.

 

Die Auswirkungen können gravierend sein, da nicht nur das steuerfreie Familienheim, sowie vermietete Immobilien etc., sondern auch das steuerbegünstige Betriebsvermögen betroffen ist.

 

Ziel des Gesetzgebers ist es zu verhindern, dass ein und dasselbe Vermögen zweifach von der Erbschaftssteuer verschont wird, nämlich einmal durch spezielle Verschonungsnormen, wie z.B. die Begünstigung für das Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG oder nach den Verschonungsregeln für Betriebsvermögen nach § 13a ff. ErbStG und dann noch einmal als Teil der für die Berechnung des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs maßgeblichen Endvermögens, nämlich als Teil des Nachlasses.

 

Folgendes Beispiel soll die Nachteile der neuen Regelung verdeutlichen:

 

Im Nachlass der Erblasserin ist eine erbschaftssteuerrechtlich vollumfänglich begünstige unternehmerische Beteiligung im Wert von 10 Millionen Euro sowie Privatvermögen / Aktien im Wert von 4 Millionen Euro vorhanden. Das Anfangsvermögen der Eheleute betrug 0 Euro. Das Endvermögen des Ehemannes beträgt 500.000 Euro. Legt man die neuen Regelungen zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung der steuerfreien, fiktiven Zugewinnausgleichsforderung:

 

Endvermögen: Erblasserin: 14.000.000 Euro Ehemann/Erbe: 500.000 Euro

Anfangsvermögen: Erblasserin: 0 Euro Ehemann/Erbe: 0 Euro

Zugewinn: Erblasserin: 14.000.000 EuroEhemann/Erbe: 500.000 Euro

Zugewinndifferenz: 13.500.000 Euro

Ausgleichsforderung ( ½ ): 6.750.000 Euro

 

Bisher konnte neben dem ohnehin steuerbefreiten Betriebsvermögen auch der nicht steuerbegünstige Geldbetrag in Höhe von 4.000.000 Euro steuerfrei übertragen werden, da die Ausgleichsforderung rund 6.750.000 Euro betrug.

 

Die gesetzliche Neuregelung bewirkt folgende Korrektur:

 

steuerpflichtiger Nachlass/Gesamtnachlass x Zugewinnforderung

 

4.000.000 Millionen Euro: 14.000.000 Millionen Euro x 6.750.000 Euro = gerundet 1.929.000 Euro

 

Durch die Neuregelung reduziert sich der steuerfreie Anteil aus der Zugewinnausgleichsforderung auf nur noch 1.929.000 Euro, so dass ein Anteil des gesamtsteuerpflichtigen Nachlasses von 2.071.000 Euro steuerpflichtig bleibt und nicht mehr über die fiktive Zugewinnausgleichsforderung ausgeglichen werden kann.

 

Die Neuregelung wird in einer Vielzahl von Fällen zu einer erheblich höheren Steuerlast im Todesfall führen, wenn nicht rechtzeitig erbrechtlich-/familienrechtliche Gestaltungen gewählt werden, die steuerliche Nachteile verhindern können.

 

26. August. 2022 // Dirk Wenke //
Kategorien: Erbrecht, Steuerrecht, Familienrecht

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KWM LAW Dirk Wenke
Autor: Dirk Wenke
Fachanwalt für Familienrecht
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