KWM BloG

Reform im Personengesellschaftsrecht: Neue Möglichkeiten für (zahn)ärztliche Kooperationen und die Praxisabgabe.

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG, bekannt als „Mauracher Entwurf“) wurde am 25. Juni 2021 beschlossen und tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft. Die künftigen Änderungen des Gesellschaftsrechts werden auch spannend für bestehende Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ oder Ärzte und Zahnärzte, die entsprechende Kooperationen künftig eingehen möchten. Außerdem lohnt es sich auch für Praxisumstrukturierungsbestrebungen und Praxisabgeber, sich frühzeitig mit den neuen Regelungen auseinanderzusetzen.

I. Hintergrund

Anlass war das teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), das den Interessen und den Bedürfnissen der Praxis schon lange nicht mehr gerecht wurde. In der Praxis waren viele vom Gesetz abweichende Regelungen in Gesellschaftsverträgen notwendig, was zu einer unübersichtlichen Anzahl teilweise divergierender Rechtsprechung führte. Mit dem MoPeG werden bestehende Regelungslücken geschlossen, Rechtsunsicherheiten beseitigt und ein weiteres „Auseinanderfallen“ von Gesetz, Rechtsprechung und gelebter Praxis gestoppt.

II. Die wesentlichen Änderungen für (zahn)ärztliche Kooperationen und Praxisabgabe im Überblick

1. Die Rechtsfähigkeit der GbR wird (auch) gesetzlich anerkannt

Die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR wird nun auch im Gesetz geregelt. Die rechtsfähige GbR wird gesetzlicher Regelfall (und nicht mehr „Gelegenheitsgesellschaft“), mit der Folge, dass das gesetzliche Leitbild der GbR ab dem 1. Januar 2024 eine auf Dauer angelegte Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. Die rechtsfähige GbR ist damit zukünftig auch selbst und ausschließlich unmittelbare Trägerin des Gesellschaftsvermögens.

2. Informationsrechte, Abfindungsregelungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters und Nachhaftung

Im Regelungssystem der GbR werden künftig eindeutige Regelungen aufgenommen, in welchem Umfang die einzelnen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft Informationsrechte haben. Gesellschaftsvertraglich werden diese Informationsrechte nicht ohne Weiteres zulasten der Gesellschafter einschränkbar sein.

Neue Abfindungsregelungen werden normiert. Beachtenswert ist die Regelung, nach der sich die Abfindungshöhe abhängig vom Wert des jeweiligen Gesellschaftsanteils bestimmt. Dieser Wert wird unmittelbar vom Unternehmenswert abgeleitet und nicht mehr quotal festgelegt.

Außerdem wird ein Anspruch des ausscheidenden Gesellschafters auf Befreiung der Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten gesetzlich geregelt.

3. Die GbR wird eintragungsfähig – eGbR

Es wird die Möglichkeit eröffnet, die GbR in ein neues Register – ähnlich dem Handels- oder Vereinsregister – eintragen zu lassen. Die dann eingetragene GbR (sog. eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts) hat einen Rechtsformzusatz zu führen (eGbR). Die Eintragung erfolgt freiwillig, wobei mit den Angaben im öffentlich zugänglichen Register ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit verknüpft ist, das zu entsprechendem Vertrauensschutz führt. Im Rechtsverkehr muss sich also jeder grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass die Angaben im Register richtig und vor allem aktuell sind. Nach einmaliger Eintragung ist eine Austragung nicht mehr möglich. Die Löschung aus dem Register kann erst bei der Liquidation der Gesellschaft erfolgen.

Um mögliche Haftungsfragen bei einem Abweichen zwischen tatsächlich vorliegender (gesellschaftsvertraglich geregelter) Situation und den Angaben im Register aus dem Weg zu gehen, wird nach einer Eintragung also stets auch eine entsprechende Pflege und Aktualisierung der eingetragenen Angaben erfolgen müssen.

4. Umwandlungsrecht gilt für die eGbR

Die eGbR wird auch – anders als die nicht eingetragene GbR – umwandlungsfähig sein. Sie kann künftig nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes (UmwG) an einer Spaltung oder Verschmelzung teilnehmen. Die eGbR kann damit etwa auch direkt in eine GmbH umgewandelt werden. Daraus folgen erhebliche Erleichterungen bei Praxisumstrukturierungen, bspw. von einer BAG-GbR zu einer MVZ-GmbH.

5. Zugang zu den Rechtsformen der OHG, KG, GmbH& Co. KG auch für freie Berufe

Zukünftig dürfen nicht nur „Kaufleute“ die Rechtsformen der OHG, KG, GmbH& Co. KG wählen. Auch die freien Berufe sollen sich grundsätzlich zu diesen Gesellschaften zusammenschließen können (§§ 107 Abs. 1,161 Abs. 2 HGB-E, vgl. hierzu insb. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/27635 S. 223 f., 251 f.).

An dieser Stelle und bei der Frage nach der praktischen Umsetzung gilt jedoch das Zusammenspiel der gesellschaftsrechtlichen mit den entsprechenden vertrags(zahn)arzt- und vor allem berufsrechtlichen Regelungen zu beachten. Die Öffnung zu den genannten Rechtsformen für (Zahn)Ärzte ist letztlich nur dann möglich, wenn das Vertrags(zahn)arzt- und insbesondere das landesrechtliche Berufsrecht diese zulässt. In diesem Zusammenhang wird die Frage zustellen sein, inwiefern es mit dem Grundgedanken des freien (zahn)ärztlichen Berufs vereinbar ist, den Zusammenschluss als OHG, KG oder GmbH& Co. KG zu erlauben.

Ob also die (gesellschaftsrechtliche) Öffnung der Rechtsformen der OHG, KG, GmbH& Co. KG für freie Berufe künftig auch für (Zahn)Ärzte in der Praxis tatsächliche Relevanz entfalten kann, hängt im Wesentlichen von der Entwicklung der vertrags(zahn)arzt- sowie berufsrechtlichen Regelungen ab. Sollte vor allem das standesrechtliche Leitbild des (zahn)ärztlichen Berufs auch dahingehend eine Entwicklung erfahren, würde die Öffnung dieser Rechtsformen für die (zahn)ärztlichen Praxisstruktur erhebliche (steuer-)rechtliche Möglichkeiten – vor allem bei der Praxisabgabe – mit sich bringen.

III. Fazit

Ärzte und Zahnärzte sind weiterhin unter Beachtung der vertrags(zahn)arzt- und berufsrechtlichen Vorgaben frei bei der Ausgestaltung ihrer Kooperation. Aufgrund der Gesetzesänderungen ergeben sich nunmehr sogar erheblich mehr (rechtliche) Gestaltungsräume im Hinblick auf Kooperationsvorhaben, Praxisumstrukturierungen und Nachfolgeplanungen, die entsprechend – schon jetzt – antizipiert werden sollten.

Bestehende Gesellschaftsverträge gelten insofern weiter. Anlässlich der anstehenden Reform bieten sich aber jedenfalls eine Compliance-Prüfung und ggf. eine Anpassung der vertraglichen Bestimmungen an.

Sollten Sie Fragen zu der Reform des Personengesellschaftsrechts im Allgemeinen und vor allem zu künftigen Kooperations- und/oder Praxisabgabeentscheidungen haben, können Sie sich gerne jederzeit bei uns melden. Wir helfen gerne!

KWM Autor
Dr. Tobias List
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Zertifizierter Datenschutzbeauftragter
Blog
Gewinnmarge für privatzahnärztliche Leistungen im EigenlaborDigitale Arbeitsverträge
Blog
Digitale Arbeitsverträge
Blog
Honorarregress wegen faktischer Abwesenheit des Ärztlichen Leiters
Blog
Praxisverkauf – neues zu Erfolgsabhängigen Kaufpreisbestandteilen
Blog
Kooperation – Vermittlung Ärtzlicher Behandlungsleistungen
Blog
Persönliche Haftung des Geschäftsführers für Rechtsverstösse der Gesellschaft?

Kontaktieren Sie uns